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1924

Arbeitslosigkeit und Arbeitslosenkassen: Subventionen statt Versicherungspflicht

Der Stand der Arbeitslosenversicherung in der Zwischenkriegszeit gleicht jenem der Krankenversicherung. Weil ein Obligatorium auf Bundesebene fehlt, ist der Schutz gegen Arbeitslosigkeit uneinheitlich. Nur zehn Prozent der Erwerbstätigen sind überhaupt versichert. Daran ändert auch das Bundesgesetz von 1924 wenig.

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Bereits vor dem Ersten Weltkrieg hatten Bundesrat und Parlament die Schaffung einer Arbeitslosenversicherung abgelehnt. Auch das Bundesgesetz über die Beitragsleistung von 1924 sah keine obligatorische Versicherung vor. Der Bund beschränkte sich vielmehr darauf, Beiträge an die bestehenden öffentlichen und privaten Arbeitslosenkassen auszurichten. Die sozialpolitische Aufgabe der Arbeitslosenunterstützung wurde damit an insgesamt 61 Kassen delegiert, die - grösstenteils von den Gewerkschaften getragen - 1923 rund 185.000 Personen versicherten.

Diese Regelung, die nur zehn Prozent der Erwerbstätigen umfasste, schloss weitgehend an die Praxis der bestehenden Arbeitslosenkassen und der Gemeinden an. 1884 hatte der Schweizerische Typographenbund die erste Arbeitslosenkasse gegründet; in weiteren Berufsbranchen wurden ebenfalls Kassen eingerichtet. Nach der Jahrhundertwende gingen einzelne Kantone dazu über, solche Kassen nach dem Vorbild der belgischen Stadt Gent zu subventionieren. Der Bund förderte seinerseits ab 1909 die Arbeitsvermittlung. Doch eine Versicherungslösung, wie sie die Arbeiterschaft forderte, schoben Parlament und Bundesrat auf die lange Bank. In Erwartung steigender Arbeitslosenzahlen bauten Gemeinden, Kantone und Bund ab 1917 jedoch die Fürsorge für bedürftige Stellenlose aus. Parallel dazu beteiligte sich der Bund am Genter System der Kantone. Dieses Finanzierungssystem wurde nach der Aufhebung der übrigen Krisenmassnahmen weitergeführt und im Gesetz von 1924 verankert.

Dieses Gesetz führte zu einem - wenn auch bescheidenen - Aufschwung der Arbeitslosenkassen. 1936 versicherten 204 Kassen 552.000 Personen. Damit waren erst 28 Prozent der Erwerbstätigen versichert. Immerhin hatte bis dahin etwa die Hälfte aller Kantone die Versicherung für obligatorisch erklärt. Geschwächt wurden hingegen die gewerkschaftlichen Kassen, die gemäss der Regelung von 1924 im Vergleich zu öffentlichen und paritätischen Kassen geringere Beiträge vergütet bekamen. Das war von der bürgerlichen Parlamentsmehrheit indes beabsichtigt.

Literatur / Bibliographie / Bibliografia / References: Tabin Jean-Pierre, Togni Carola (2013), L’assurance chômage en Suisse. Une socio-histoire (1924-1982), Lausanne. HLS / DHS / DSS: Arbeitslosenversicherung ALV.

(12/2014)