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1902

Eine Sozialversicherung für die Soldaten

Die Einführung der Kranken- und Unfallversicherung scheiterte 1900 nicht vollständig. Nur zwei Jahre nach der Abstimmungsniederlage wird der unbestrittene Teil der Vorlage, die Militärversicherung, in Kraft gesetzt. Die Soldaten waren damit die erste Bevölkerungsgruppe, die einer Sozialversicherung unterstellt wurden.

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Bestrebungen, körperlich geschädigten Soldaten materiell zu unterstützen, reichen in den eidgenössischen Orten und dem europäischen Ausland bis in die Frühe Neuzeit zurück. Im Schweizer Bundesstaat waren seit 1852 und 1875 Militärpensionsregime in Kraft. Um 1887 wurde zusätzlich auf private Initiative eine Unfallversicherung für Teile der Truppen eingerichtet. Parallel dazu arbeitete der Bund an einer breiter abgestützten Lösung im Rahmen einer allgemeinen Kranken- und Unfallversicherung, die sich nicht nur auf die Industriearbeiterschaft, sondern auch auf die Soldaten erstrecken sollte. Der Gesetzesentwurf von 1900 (Lex Forrer) scheiterte aber in der Volksabstimmung. Darauf trennten die Bundesbehörden die unbestrittene Militärversicherung vom kontrovers diskutierten Rest der Vorlage. Schon 1901 wurde das „Bundesgesetz betreffend Versicherung der Militärpersonen gegen Krankheit und Unfall“ verabschiedet und 1902 in Kraft gesetzt. Dies war die Geburtsstunde der ersten Sozialversicherung in der Schweiz.

Mit der eidgenössischen Militärversicherung setzte sich im Umgang mit geschädigten Soldaten das Versicherungs- gegen das Fürsorgeprinzip durch. Der Bund beschränkte Entschädigungsleistungen nun nicht mehr ausschliesslich auf Bedürftige, sondern händigte allen Armeeangehörigen Leistungen aus, je nach Dauer und Schwere der Beeinträchtigung. Die Versicherung galt für Krankheiten und Unfälle, die während des Militärdienstes auftraten, selbst wenn sie nicht direkt mit einer militärischen Aktivität zusammenhingen. Von Leistungen ausgeschlossen waren jedoch Krankheiten, welche die Soldaten bereits vorher hatten und die während der Dienstzeit wiederauftraten oder sich verschlimmerten. Die Versicherungsleistungen beinhalteten eine kostenlose Verpflegung und Behandlung bis zur körperlichen Wiederherstellung, ein Krankengeld und gegebenenfalls eine Invalidenpension für die Soldaten oder ein Sterbegeld beziehungsweise eine Hinterlassenenpension für die Angehörigen.

Literatur / Bibliographie / Bibliografia / References: Militärversicherungs-Schriftenreihe, 1, 1976 u. 2, 1979; Maeschi Jürg (2000), Kommentar zum Bundesgesetz über die Militärversicherung (MVG) vom 19. Juni 1992, Bern; Morgenthaler W. (1939), Militärversicherung, in Handbuch der schweizerischen Volkswirtschaft, 179-80, Bern.

(12/2014)