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1935

Das amerikanische Modell: Staatliche Grundsicherung unter liberalen Vorzeichen

Bis zum Social Security Act sind die Sozialversicherungen in den USA nur rudimentär ausgebildet. Die damalige Situation gleicht jener der Schweiz. Als Antwort auf die Weltwirtschaftskrise beschliesst 1935 der amerikanische Kongress eine bescheidene Altersversicherung, die weiterhin Raum für private Formen der Vorsorge lässt.

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1935 beschloss der amerikanische Kongress den Social Security Act (SSA), der den Take-off der Sozialen Sicherheit in den USA markiert. Die öffentliche Wohlfahrt war in den USA bis in die 1930er-Jahre nur rudimentär ausgebildet gewesen. Abgesehen von der Vorsorge für Kriegsveteranen, kannten lediglich einige wenige Bundesstaaten Arbeitslosen- oder Altersversicherungen. Nur 15 Prozent der Beschäftigten waren bei privaten Pensionskassen versichert. Der SSA war Teil des New Deal, mit dem Präsident Franklin D. Roosevelt die Folgen der Weltwirtschaftskrise - Rückgang der Beschäftigung und Massenelend - lindern, die Wirtschaft ankurbeln und die Wirtschafts- und Gesellschaftsordnung reformieren wollte. Ferner ergriff er Massnahmen zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit, zur Stabilisierung des Bankensektors sowie zur Kontrolle der Preise und Arbeitsverhältnisse.

Der SSA umfasste 1935 eine Altersversicherung sowie Zuschüsse an bundestaatliche Hilfsprogramme; 1939 kam eine Hinterbliebenen-, 1955 eine Invalidenversicherung hinzu. Die Old Age Insurance (OAI) beruhte auf dem Umlageverfahren, das keine Reservebildung nötig machte. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde sie diesbezüglich zum Modell für Rentenversicherungen in zahlreichen andern Staaten. Finanziert wurde die OAI über Lohnabzüge, die je zur Hälfte von den Arbeitnehmern und -gebern aufzubringen waren, womit die angestrebte Versöhnung der Klassen deutlich werden sollte. Der SSA wurde schrittweise umgesetzt: Bis 1937 wurden die Versichertenausweise ausgeteilt und der Verwaltungsapparat aufgebaut, 1940 die ersten Renten ausgeschüttet. Die Konsolidierung dauerte indes bis 1949. Nach und nach wurde der Kreis der Beitragspflichtigen ausgeweitet. Die SSA hatte keinen negativen Einfluss auf die Entwicklung komplementärer Vorsorgestrategien (berufliche Vorsorge), da ihre Leistungen - wie später bei der schweizerischen AHV - nur den Grundbedarf deckten.

Literatur / Bibliographie / Bibliografia / References: Leimgruber Matthieu (2008), Solidarity without the state? Business and the shaping of the Swiss welfare state, 1890–2000, Cambridge; Website Social Security Administration, Social Security History: www.ssa.gov/history.

(12/2014)