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2006

Familienpolitik als Teil der Sozialen Sicherheit

Familienzulagen sind nichts Neues. Je nach Kanton und Branche sind sie jedoch unterschiedlich hoch. Lange Zeit fehlte jegliche Koordination. Erst das Familienzulagengesetz von 2006 bringt eine Vereinheitlichung. Neu werden Mindestsätze pro Kind festgelegt.

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Am 24. März 2006 verabschiedete das Parlament ein Familienzulagengesetz. Seit dessen Inkrafttreten 2009 haben alle Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sowie Nichterwerbstätige mit Kindern Anspruch auf eine Familienzulage. Ebenfalls wurden die Mindestansätze der bestehenden Zulagen vereinheitlicht. Seit 2013 gehören auch Selbständige zu den Bezugsberechtigten, so dass nun der Grundsatz "ein Kind - eine Zulage" erfüllt ist. Die Familienzulage beträgt pro Kind bis zum 20. Altersjahr monatlich mindestens 200 Franken respektive 250 Franken, wenn sich das Kind in Ausbildung befindet. Organisatorisch greift das Familienzulagengesetz auf die bestehenden Familienausgleichskassen zurück. Die Finanzierung erfolgt durch die Kantone, die dazu Arbeitgeberbeiträge erheben können.

Das Familienzulagengesetz beruht - wie die ebenfalls erst 2004 eingeführte Mutterschaftsversicherung - auf einer Bestimmung, die bereits 1945 Eingang in die Bundesverfassung fand. In der Folge kam es jedoch nur in der Landwirtschaft zu einer bundesrechtlichen Regelung. Mit der Auszahlung von Familienzulagen an landwirtschaftliche Angestellte und Bergbauern hoffte man 1952 die Landflucht verringern zu können. Bis zur Jahrtausendwende führten jedoch alle Kantone Familienzulagen ein, die 2004 im Durchschnitt 184 Franken pro Kind betrugen. 2004 bestanden 115 öffentliche oder private Familienausgleichskassen. Auf Bundesebene gab es seit Beginn der 1990er-Jahre Pläne zu einer Harmonisierung der kantonalen Zulagen. Auftrieb erhielten diese aber erst durch die Volksinitiative für faire Kinderzulagen, die 2003 von der Gewerkschaft Travail.Suisse lanciert wurde. Sie sah eine deutliche Erhöhung der Zulagen auf 450 Franken vor, wurde jedoch nach dem Vorliegen eines Gegenvorschlags zurückgezogen.

Die Initiative wie das spätere Familienzulagengesetz fielen in eine Zeit verstärkten familienpolitischen Aktivismus. Die Familie wurde zunehmend als Armutsrisiko erkannt. Viele Kantone begannen deshalb, Familien mit geringem Einkommen finanziell zu unterstützen. Der Bund lancierte seinerseits 2003 ein Impulsprogramm für den Ausbau der Tagesbetreuung. Seit 2000 liefen zudem Diskussionen um eine Erweiterung der Ergänzungsleistungen auf Familien – ein Modell, das erst wenige Kantone kannten.

Literatur / Bibliographie / Bibliografia / References: Année politique Suisse / Schweizerische Politik, 2000–2006; Parlamentarische Initiative Leistungen für die Familie. Zusatzbericht der Kommission für soziale Sicherheit und Gesundheit des Nationalrates, 8. September 2004, Bundesblatt, 2004, 6887–6926; HLS / DHS / DSS: Familienzulagen.

(01/2020)