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Am 6. Juli 1947 hiessen die Stimmberechtigten die Schaffung der AHV gut. Gleichentags nahmen sie die revidierten Wirtschaftsartikel der Bundesverfassung an, die dem Bund das Recht gaben, im Gesamtinteresse des Landes in die Wirtschaft einzugreifen. Ebenfalls verankerten sie die Mitwirkung der Wirtschaftsverbände. Beide Beschlüsse legten die Grundlage für den Basiskompromiss der Nachkriegszeit.
Das neue Sozialwerk sah das Rentenalter 65 für beide Geschlechter, die Finanzierung über Beiträge von Arbeitnehmern und -gebern sowie von Bund und Kantonen sowie nach Beitragsleistungen abgestufte Alters-, Witwen- und Waisenrenten vor. Die Renten wurden bescheiden gehalten, damit sie nicht die private Vorsorge konkurrenzierten (einfache Altersrente: 40 bis 125 Franken im Monat bei einem durchschnittlichen Einkommen in der Industrie von 745 Franken). Für die Generation, die das Rentenalter bereits erreicht hatte, waren bedürfnisabhängige Übergangsrenten vorgesehen. Organisatorisch übernahm die AHV das dezentralisierte System der Verbands- und Kantonsausgleichskassen, das sich bei der Lohn- und Verdienstausfallersatzordnung (LVEO) bewährt hatte.
Die AHV war ein Kind des politischen Aufbruchs, der 1942/43 auch die Schweiz erfasste. Der Sieg der Alliierten zeichnete sich ab, mit dem Beveridge-Report kamen neue sozialpolitische Optionen auf den Tisch. 1942 hatte eine von der Linken und dem Freisinn getragene Volksinitiative verlangt, die LVEO in die AHV umzuwandeln. Nach anfänglichem Zögern setzte der Bundesrat Anfang 1944 eine Expertenkommission ein und präsentierte dem Parlament zwei Jahre später einen Gesetzesentwurf. Gestützt auf seine Vollmachten, kam er im Oktober 1945 zudem der Forderung des Gewerkschaftsbunds nach und lenkte die LVEO-Überschüsse provisorisch in die Altersvorsorge um. Das Parlament bestätigte später diesen Beschluss, der zugleich das Finanzierungsproblem der AHV löste. Das eigentliche AHV-Gesetz konnte im Parlament auf eine grosse Mehrheit zählen. Dennoch ergriff wie schon bei der AHV-Vorlage von 1931 eine Koalition aus Westschweizer Liberalen, Katholisch-Konservativen und Wirtschaftsvertretern das Referendum. Dieses Mal lag der Ja-Anteil der Stimmenden indes bei stolzen 80 Prozent.
Literatur / Bibliographie / Bibliografia / References: Leimgruber Matthieu (2008), Solidarity without the state? Business and the shaping of the Swiss welfare state, 1890–2000, Cambridge; Luchsinger Christine (1995), Solidarität, Selbständigkeit, Bedürftigkeit: der schwierige Weg zu einer Gleichberechtigung der Geschlechter in der AHV: 1939-1980, Zürich; Luchsinger Christine (1994), Sozialstaat auf wackligen Beinen. Das erste Jahrzent der AHV, in J.-D. Blanc, C. Luchsinger (ed.), achtung: die 50er Jahre! Annäherungen an eine widersprüchliche Zeit, 51–69, Zürich; HLS / DHS / DSS: Alters- und Hinterlassenenversicherung AHV.
(12/2014)