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Margarita Schwarz-Gagg

Margarita Schwarz-Gagg (1899–1989) ist eine der ersten Sozialstaatsexpertinnen in der Schweiz. Als Sozialwissenschaftlerin und Mitglied zahlreicher amtlicher Kommissionen engagiert sie sich an vorderster Front für die Einführung der Mutterschaftsversicherung und für die Besserstellung der erwerbstätigen Frauen. Über Jahrzehnte hinweg vertritt Schwarz-Gagg zudem die Schweiz an der Internationalen Arbeitskonferenz.

Margarita Gagg promovierte 1924 – als zweite Frau – in Nationalökonomie an der Universität Bern. Bereits in ihrer Dissertation beschäftigte sie sich mit dem Arbeiterinnenschutz. Nach der Heirat arbeitete sie als Autorin wissenschaftlicher Studien, insbesondere zur Situation der Heimarbeit in der Schweiz. Für die erste Schweizerische Ausstellung für Frauenarbeit (SAFFA) publizierte sie 1928 das Buch „Die Frau in der schweizerischen Industrie“. Zudem engagierte sie sich in der Gesetzgebungskommission des Bunds Schweizerischer Frauenvereine. Zwischen 1931 und 1965 sass sie als erste – und einzige – Frau in der Eidgenössischen Fabrikkommission. 1937 führte Schwarz-Gagg im Auftrag der Schweizerischen Vereinigung für Sozialpolitik und mit Unterstützung des Bundesamts für Sozialversicherungen, des Eidgenössischen Amts für Industrie, Gewerbe und Arbeit sowie des Eidgenössischen Statistischen Amts eine umfangreiche Erhebung über den Schutz junger Mütter in der Schweiz durch. Die Enquete belegte, dass Mitte der 1930er-Jahre erst die Hälfte aller Wöchnerinnen über eine Krankentaggeldversicherung verfügte. Ebenfalls bestanden Lücken in der Pflegeversicherung, etwa bei der Vergütung der Kosten für Hebammen. Vor allem Frauen aus der Arbeiterschicht gingen gezwungenermassen bis kurz vor der Geburt ihrer Beschäftigung nach und nahmen unmittelbar nach Ablauf der gesetzlichen Ruhefrist ihre Erwerbstätigkeit wieder auf.

Obwohl sie Familienverpflichtungen hatte und nicht hauptberuflich tätig sein konnte, war Gagg-Schwarz zwischen 1945 und 1960 Mitglied der Regierungsdelegation auf der Internationalen Arbeitskonferenz. Ihre Sachkenntnis war zudem in zahlreichen Expertenkommissionen des Bundes und der AHV-Kommission gefragt. Besonders profilierte sie sich als Mitglied der Kommission zur Vorbereitung der Mutterschaftsversicherung, die 1948 in die Expertenkommission für die Revision des Kranken- und Unfallversicherungsgesetzes integriert wurde. Ihr Engagement für die Besserstellung der werdenden Mütter brachte ihr den Übernamen „Mutter der Mutterschaftsversicherung“ ein. Nachdem ihre Kinder erwachsen waren, stieg Schwarz-Gagg wieder voll in den Beruf ein. Zwischen 1955 und 1967 leitete sie die Schweizerische Zentralstelle für Heimarbeit und war damit in einem Gebiet tätig, auf dem sie eine ausgewiesene Expertin war. Zu den Hauptaufgaben der Zentralstelle gehörte die Bekämpfung der wirtschaftlichen Not in den Bergtälern. Nach ihrer Pensionierung wurde Schwarz-Gagg für ihre Verdienste für die Verbesserung der sozialen Verhältnisse und der Stellung der berufstätigen Frauen durch das Centro Culturale Italiano mit dem Adelaide-Ristori-Preis ausgezeichnet.

Literatur / Bibliographie / Bibliografia / References: Mantilleri Brigitte, Hervé Florence (2004), Histoires et visages de femmes, Yens sur Morges; Wecker Regina, Studer Brigitte, Sutter (2001), Die „schutzbedürftige Frau“. Zur Konstruktion von Geschlecht durch Mutterschaftsversicherung, Nachtarbeitsverbot und Sonderschutzgesetzgebung, Zürich; Rogger Franziska (1999), Der Doktorhut im Besenschrank. Das abenteuerliche Leben der ersten Studentinnen – am Beispiel der Universität Bern, Bern. HLS / DHS / DSS: Schwarz [-Gagg], Margaritha.

(12/2014)