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Johann Jakob Kummer

Johann Jakob Kummer (1828-1913) war im ausgehenden 19. Jahrhundert als langjähriger Leiter des Eidgenössischen Büros für Statistik und des Eidgenösssischen Versicherungsamtes eine prägende Figur in den damaligen Sozialstaatsdebatten. An der Gestaltung der gesetzlichen Grundlage für die Kranken- und Unfallversicherung wirkte er aktiv mit. 

Kummer wuchs in bäuerlichen Verhältnissen im Kanton Bern auf und schlug nach seinem Theologiestudium eine Karriere als Pfarrer und freisinniger Politiker ein. Bis zu seiner Wahl 1862 in die Berner Kantonsregierung arbeitete er als protestantischer Pfarrherr. Als Regierungsrat leitete er das Erziehungsdepartement und verantwortete den Ausbau des Primar- und Hochschulwesens im Kanton Bern, aber auch ein kulturkämpferisches Gesetz, das Angehörigen religiöser Orden verbot, in der Volksschule auf Primarschulstufe zu unterrichten. 1873 demissionierte Kummer von seinem Exekutivamt, um das Direktorium des 1860 gegründeten Eidgenössischen Statistischen Bureaus zu übernehmen. In dieser Funktion war er eine treibende Kraft für die Institutionalisierung der schweizerischen Sozialstatistik. Er förderte unter anderem die Studien Hermann Kinkelins über das Hilfskassenwesen der Schweiz und war ab 1880 für die mathematisch-statistische Neukonzeption der Volkszählung verantwortlich. 1885 übernahm Kummer die Leitung des neu gegründeten Eidgenössischen Versicherungsamts, dem er bis zu seiner Pensionierung 1904 vorstand. Im Versicherungsamt war er verantwortlich für die staatliche Aufsicht über die Privatversicherungen, insbesondere im Bereich der Lebensversicherung. Kummer gehörte zusammen mit Kinkelin und dem ersten eidgenössischen Versicherungsmathematiker Christian Moser, dessen Anstellung auf Kummers Initiative zurückging, zu den wichtigsten eidgenössischen Versicherungsexperten in den frühen Sozialstaatsdebatten. Kummer setzte sich für eine stärkere staatliche Regulierung des Hilfskassenwesens (Kalkulationsdebatten um 1900) ein und war 1893 Mitglied der vorberatenden Expertenkommission für das Eidgenössische Kranken- und Unfallversicherungsgesetz. Kummer publizierte neben verschiedenen statistischen Forschungen unter anderem eine "Geschichte der Statistik der Schweiz", die 1885 erschien.

Literatur / Bibliographie / Bibliografia / References: Tanner, Jakob (1995), Der Tatsachenblick auf die „reale Wirklichkeit“: zur Entwicklung der Sozial- und Konsumstatistik in der Schweiz, in: Schweizerische Zeitschrift für Geschichte 45 (1995), S. 94-108. Lengwiler, Martin (2006), Risikopolitik im Sozialstaat. Die schweizerische Unfallversicherung 1870-1970, Köln. HLS / DHS / DSS:Kummer, Johann Jakob. 

(12/2014)